Nichts ist unmöglich
Gestern noch hoffnungslos verloren, heute mit einem Bein in der Tür zum Finale um die Deutsche Meisterschaft. Am Sonntag, den 18. Mai, um 16:00 Uhr kommt es in der EWS-Arena von Ludwigsburg zum dritten und entscheidenden Spiel im Halbfinale Playoff Deutsche Meisterschaft. Der Sieger zieht ins Finale ein, der Verlierer spielt dann um die Bronzemedaillen.
Rückblick: „Unglaublich, unfassbar!” – Immer wieder schaute Herbert Müller nach dem Schlusspfiff auf die Anzeigetafel und traute seinen Augen nicht. In einem begeisternden Spiel hatte der THC den Ligaprimus in heimischer Halle, in berauschender Atmosphäre, mit dem lautstarken eigenen Publikum im Rücken, mit 36:31 deutlich und verdient besiegt. Plötzlich stand es trotz der desaströsen 23:37-Hinspiel-Niederlage vom Samstag nur noch eins zu eins. Der THC hatte im Modus des Playoff-Halbfinales “Best of Three” ausgeglichen. Nicht nur das, er war die bessere Mannschaft, druckvoll im Angriff, aggressiv und kompromisslos in der Deckung. Die steigerte sich beim 7:10 gegen den THC zur Höchstleistung, zeigte dabei internationales Format, flinke Beine und hohe Arme, fing so manchen Angriff der wahrlich nicht langsamen Ludwigsburgerinnen ab, um eine schnelle eigene Antwort zu geben. Und die hatte es zumeist in sich. Selbst die Weltklasse-Torhüterin Johanna Bundsen hatte dagegen wenig Möglichkeiten sich auszuzeichnen. Wann hat Ludwigsburg mal mit 36 Gegentoren verloren? Überhaupt, es gab wohl in den letzten drei Jahren in nationalen Wettbewerben nur drei Niederlagen, die letzte in der Hinspielrunde am 7. Spieltag der Hauptrunde in Dortmund. Der THC hat das letzte Mal am 3. Februar 2021, am 17. Spieltag der Saison 2020/21, mit 33:30 gegen die SG BBM Bietigheim gewonnen. In der Saison 2023/24 gab es am 17. Spieltag einen überraschenden Punktgewinn beim 27:27-Unentschieden. Der Gegner ist wohl angenockt? Wer steht am Sonntag wohl mehr unter Druck? Favorit sind die Hausherrinnen, der Champions League Viertelfinalist, der zu den besten Mannschaften in Europa zählt. Europa ist das Stichwort. Mit dem Gewinn der European League hat sich der THC in Europas Handballwelt eindrucksvoll zurück gemeldet. Jetzt könnte der Außenseiter auch national Geschichte schreiben – nichts ist unmöglich!

Zum Spiel: Es ist schon ein großes Verdienst des THC, dass es überhaupt drei Spiele gibt. Das wird mit Sicherheit ein anderes Spiel, als das vor einer Woche an selbiger Stelle. Natürlich ist Ludwigsburg Favorit, ist nun vorgewarnt, wird sich vorbereiten, will die offene Rechnung begleichen. Der THC ist in der Außenseiterrolle, diese Jacke passt uns – siehe Graz. Niemand hat bei uns einen Höhenflug, wir bleiben realistisch, aber in einem K.-o.-Spiel, wo es um Alles geht, ist die Mannschaft von Herbert Müller schon so manches Mal über sich hinaus gewachsen. Und der Trainer-Fuchs wird sich etwas einfallen lassen. Ob es dann gelingt, den Matchplan umzusetzen, auch gegen das dortige Heimpublikum zu bestehen, steht auf einem anderen Blatt Papier. Wir werden sehen. Es liegt auf jeden Fall Spannung über diesem entscheidenden Spiel.
Zum Kader. Mit Dank und Anerkennung haben Sponsoren, Mannschafts- und Clubleitung sowie Hunderte Fans Ida Gullberg, Kathrin Pichlmeier, Kerstin Kündig und Dinah Eckerle verabschiedet, die nach der Saison andere Wege gehen. Dinah Eckerle, die mit 16 Jahren 2013 in den Bundesliga-Kader eintrat, beendet nun zum zweiten Male ihre THC-Laufbahn, nach 318 bisherigen Spielen mit 19 Toren als Torhüterin. Aber sie bleibt beim THC – als Torhüter-Trainerin und womöglich geht sie nochmal, wenn sie gebraucht werden sollte, in den Kasten. Alle anderen sind heiß. Heiß wie Kathrin Pichlmeier, die zum Abschied etwas euphorisch meinte: ”Jetzt will ich auch noch Deutsche Meisterin werden“. Schauen wir mal, soweit sind wir noch nicht, aber auch wir hätten nichts dagegen.
Bericht: HaJo Steinbach/ Bild: Christian Heilwagen